Ökumenische Gespräche


2016 - Sich begegnen und kennenlernen –  mit aller Offenheit, gegenseitigem Respekt und zwischenmenschlicher Achtung! Mit dieser Haltung kann man das Ziel der AG Ökmune in Gilching umschreiben, in der sich evangelische und katholische Christen aufmachen, mit anderen Glaubensrichtungen in Gilching ins Gespräch zu kommen, versuchen das Fremdsein zu überwinden und Unsicherheit oder gar Angst vor dem Unbekannten abzubauen. Dieses Ziel war von Beginn an die treibende Kraft in der Arbeitsgemeinschaft. Durch die europa- und weltpolitische Lage und die zunehmenden Anschläge in Frankreich, Belgien und jüngst auch in Bayern bekam diese Aufgabe eine unerwünschte, aber umso dringlichere Bedeutung. 

Ein erster Schritt dieses Jahr war der Gastvortrag der Vize-Direktorin des islamischen Forums in Penzberg, Frau Gönül Yerli bei uns in Gilching, zu dem sich auch einige Vertreter des türkisch-islamischen Kulturvereins dazu gesellten, obwohl die Penzberger Gemeinde einer anderen Glaubensrichtung des Islams angehört. Ende Juni besuchte uns in der AG Ökumene mit Uwe Sendrowski der Vertreter der Neuapostolischen Gemeinde in Gilching zum gegenseitigen Kennenlernen und Austausch. Ein Gespräch mit dem Vorstand des türkisch-islamischen Kulturvereins im Juli und dem Besuch des Freitagsgebets waren weitere Momente der Begegnung, die in Zukunft regelmäßiger stattfinden sollen.


Christentum und Islam –  zwei Welten treffen aufeinander?

Der Islam ist in aller Munde. Ganz egal, wohin man geht, überall kann man Wortfetzen und Meinungen über „den“ Islam aufschnappen: im Biergarten, am See, beim Einkaufen, in der Arbeit … Die schrecklichen Vorfälle der jüngsten Zeit wie in Nizza und nun auch in Würzburg und Ansbach haben diesen Prozess beschleunigt. Menschen, die meinten im Namen ihrer Religion zu handeln, haben Unbeteiligte zu Opfern gemacht. Das Leid ist groß, ebenso das Entsetzen und auch die Angst. Nun besteht die große Gefahr, dass das Klima auch in unserem Land dadurch nachhaltig vergiftet werden könnte. Ein Drittel der Opfer in Nizza beispielsweise waren Moslems, doch die aufgewühlte Menge ließ viele der Angehörigen nicht einmal trauern. Sie wurden angeschrien und nicht zur Unglücksstelle durchgelassen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass so etwas auch bei uns geschehen könnte. Und das wäre katastrophal. Jahrzehnte eines behutsam geführten Dialogs zwischen Christentum und Islam liegen hinter uns. Es hat gedauert, bis sich die Religionen angenähert haben. Zuviel schien trennend zu sein, zu fremd die jeweils andere Religion. Solche Fremdheitserfahrungen lassen sich nicht wegleugnen, sie gehören zu einem aufrichtig geführten Gespräch. Und doch haben wir gelernt, auch auf das Verbindende zu blicken: dazu gehört beispielsweise der Glaube an den einen Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde; aber auch das Bewusstsein um das Geschenk des Lebens und die Verantwortung, die wir in unserer Welt haben, um wirklich friedvoll zu wirken. Im gut besuchten Vortragsabend von Frau Yerli in Gilching haben die Zuhörenden erfahren dürfen, wieviel verbindende und versöhnliche Kraft im Islam enthalten ist. So ein Abend tut gerade in so aufgewühlten Zeiten, in denen sich viele von vorschnell geäußerten Meinungen leiten lassen, gut – denn trotz aller Fremdheit bleibt doch die Erfahrung, dass sich Menschen über Vorurteile hinweg treffen und begegnen können. So liegt die große Aufgabe vor uns, in diesem Dialog nicht zu verharren, sondern ihn weiterzuführen: um eigene vorgefasste Meinungen zu hinterfragen, um der plumpen Verurteilung einer ganzen Religion etwas entgegenzusetzen, um als Christen gemeinsam mit anderen Religionen an einem friedlicheren Antlitz dieser Welt zu arbeiten.

Pfarrerin Dorothea Bezzel


„Ich mach mich auf den Weg der Begegnung  mit anderen Religionen …“

Bei schönstem Sonnenschein machte ich  mich Ende Juli auf zum Freitagsgebet in die Katakomben der Gilchinger Rathausturn- halle. Dort haben Gilchings Muslime derzeit übergangsweise ihre Gebetsteppiche ausgerollt und nutzen einen kleinen Raum, der an anderen Tagen für die Judokämpfer des TSV als Trainingsraum fungiert. Ich bin der Einladung des türkisch-islamischen Kulturvereins gefolgt, habe mich vorab mit einem deutschen Koran ausgestattet und in der letzten Reihe Platz genommen, um nun gebannt dem Vorbeter zu lauschen. Es war der Sudanese Adam, der als Vorbeter aus dem Koran zitierte, seine Gebete und Gesänge auf Arabisch vortrug, seine Predigt jedoch auf Deutsch und somit auch für mich (und so manche andere Gläubige) bestens verständlich formulierte. Adam arbeitet, wie 
er mir kurz erzählte, bei der DLR und müsse nach dem Gebet auch gleich wieder zurück zur Arbeit, die er nur kurz unterbrechen könne.
Gekommen waren über 50 Männer in allen Altersstufen – Jugendliche, Familienväter und auch so manche Großväter sah man in den Reihen der Betenden. „Wir waren heute leider sehr wenige“ meinte der Gemeindevorsteher Ihsan Dülger, vielen in Gilching mit seinem Spitznamen „Datschi“ bekannt, „es ist Ferien- zeit und leider müssen Freitag nachmittags auch viele von uns arbeiten und bekommen nicht frei“. Verglichen mit so manchem Sonntagsgottesdienst empfand ich die Besucher- zahl eher (überraschend) hoch, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass in Gilching nur ein Bruchteil der Bürger muslimischen Glaubens sind und beim Freitagsgebet auf- grund der Raumnot nur Männer kommen können. Noch beeindruckender fand ich, dass nicht nur türkischstämmige Gläubige, sondern auch Männer aus Afghanistan, ein paar Afrikaner und auch ein Familienvater aus Albanien mit seinen Söhnen dabei waren. „Für die Frauen haben wir zurzeit leider keinen Raum, in dem sie sich treffen und beten könnten,“ fügte “Datschi” hinzu und verwies so auf die Raumnot der Muslime in Gilching. Sie wären über mehr Unterstützung und ein Platzangebot sehr dankbar.

„Wir sind offen für alle Menschen musli- mischen Glaubens, ganz egal, aus welchem Land sie stammen oder welcher islamischen Glaubensrichtung sie angehören. Der Islam ist ein Glaube an den Frieden der Menschen untereinander. Das ist uns auch hier in Gilching sehr wichtig. Wir glauben an den Islam und sind ebenso erschüttert und schockiert wie ihr Christen, wenn im Namen des Glaubens Hass und Terror verbreitet werden“ meint Ihsan Dülger und wird von seinen Mitstreitern darin mehr als bestätigt. „Lasst uns einander mehr kennenlernen und verstehen, damit aus Unwissenheit nicht Angst und aus Fremdsein nicht Hass entstehen können“.
Die Gilchinger Muslime sind wieder einmal auf der Suche nach einem Gebetsraum, mehrmals mussten sie in ihrer fast 30jährigen Geschichte in Gilching schon den Ort für ihre Gebete und Versammlungen wechseln, waren zeitweise sogar Gast im katholischen Sebastianssaal, auch in den Räumen von St. Johannes, hatten übergangsweise eine kleine Moschee in der Rudolph-Diesel-Straße und kamen zuletzt für ein paar Monate in einem abbruchreifen Haus an der Ecke Römer-/Rathausstraße unter. Nun sind sie wieder am Suchen und hoffen endlich eine langfristige eigene Bleibe zu finden. Sie wünschen sich eigene kleine Moschee in Gilching, um als aktive Glaubensgemeinschaft auch die Möglichkeit und ausreichend Platz zu haben, interessierte Gruppen zu sich einladen zu können. Einige Tage zuvor führte mich eine Einladung zum Vorstand des türkisch-islamischen  Kulturvereins. Gemeindevorsitzender Ihsan Dülger, dessen Vertreterin Ayse Aksoy und ihr Mann sowie der zweite stellvertretende  Gemeindevorsitzende Necati Yilmaz und der Schatzmeister Zeki Evren luden mich zum Gespräch ein, erzählten viel über das Gemeindeleben der Gilchinger Muslime und beantworteten meine vielen Fragen. Über 120 Gläubige sind Mitglied des türkischislamischen Kulturvereins in Gilching und pflegen aktiv den islamischen Glauben in  unserer Gemeinde. Viele von Ihnen sind fest verwurzelt in Gilching. Nicht nur die große türkischstämmige Mehrheit, auch der Afghane Najem Anait ist beispielsweise seit über 27 Jahren in Gilching – und vielen Gilchingern als der „freundlichste DHL-Fahrer weit und breit“ bekannt. Als Dolmetscher war er auch bei meinem Moscheebesuch eine große Unterstützung, als ich mit dem Asylbewerber Mahfoz Tahiri, der mit seiner fünfköpfigen Familie aus Afghanistan nach Deutschland floh, über seinen Glauben sprach. Auch Hamid Nazari war mit seinen beiden kleinen Jungs mit dabei und erzählte von seinen Erfahrung als Moslem und wie er seinen Glauben hier in Gilching praktizieren kann. Sie sind erst seit wenigen Monaten bei uns im Ort und warten auf ihre Anerkennung als Flüchtlinge. Als Glaubensbrüder sind sie regelmäßig zu Gast beim Freitagsgebet in der Moschee. Auch Derim Fatih zeigte sich nach dem Freitagsgebet sehr interessiert am Austausch der unterschiedlichen Glaubens-
gemeinschaften in Gilching. Der Berliner, der aus beruflichen Gründen nach Gilching kam, war mit seinem kleinen Sohn in die Moschee gekommen und konnte mir manche Frage beantworten. Ein erster Schritt ist für mich gemacht. Weitere werden sicherlich folgen und ich  freue mich über viele, die sich anschließen  am gemeinsamen Miteinander der Religionen in Gilching. „Wir bleiben im Gespräch …“ und werden sicherlich weiter, u. a. auch in unseren Pfarr- und Gemeindebriefen, darüber berichten.

Eduard Fuchshuber


Gespräche mit der Neuapostolischen Gemeinde Gilching

Am 21. Juni 2016 besuchte der Vertreter der Neuapostolischen Gemeinde in Gilching auf Einladung der AG Ökumene den Arbeitskreis zum gegenseitigen Kennenlernen und Aus- tausch. Uwe Sendrowski stellte seine Reli- gionsgemeinschaft und Gemeinde vor. Im
Anschluss wurden gegenseitige Einladungen ausgesprochen zum weiteren Kennenlernen. Beim Feuer-Flamme-Ferien-Fest durften wir bereits einen Gast aus der kirchlichen Nach- barschaft begrüßen.


Gilchinger ökumenische Gespräche: Islam zu Gast bei Gilchinger Christen

Im Rahmen der Gilchinger ökumenischen Gespräche konnte die Arbeitsgemeinschaft Ökumene der katholischen Pfarrei St. Sebastian und der evangelischen Kirchengemeinde St. Johannes am 21. April im bestens gefüllten Vitussaal im Pfarrheim von St. Sebastian etwa 70 Teilnehmer begrüßen. Die Vize-Direktorin des islamischen Forums in Penzberg, Frau Gönül Yerli, stellte als Gastreferentin in ihrem eindrucksvollen Vortrag mit dem Titel „Der Islam - eine Religion des Friedens?!“ die Grundzüge des Islam vor, zeigte Gemeinsamkeiten zwischen den großen Weltreligionen auf und betonte Verbindendes wie Trennendes gleichermaßen. Als islamische Religionspädagogin, die zusätzlich auch katholische Theologie studiert hatte, engagiert sie sich seit Jahren im interreligiösen Dialog. Nach ihrem etwa einstündigen Vortrag galt es zahlreiche Fragen von Teilnehmern zu beantworten und in den Dialog zu treten. Gönül Yerli lud die Gilchinger Christen ein, nicht nur die Gemeinsamkeiten in den Religionen zu suchen, sondern in Geschwisterlichkeit und gegenseitigem Respekt auch Trennendes zu benennen und zu diskutieren. Pfarrerin Dorothea Bezzel und Pfarrer Constantin Greim von St. Johannes wie auch Pfarrer Franz von Lüninck aus St. Sebastian als Gastgeber waren aufmerksame Zuhörer des Abends. Zum gemeinsamen Austausch kamen zudem auch einige Vertreter des Gilchinger „Türkisch Islamischen Kultur Vereins“, um ihr Interesse an einer Zusammenarbeit zu unterstreichen. Auch hier versucht die Arbeitsgemeinschaft Ökumene den Dialog zu intensivieren. Bei deren aktuellen Suche nach Räumlichkeiten als Übergangslösung für ihren Moscheebesuch beispielsweise wollen die Gilchinger Christen den Gilchinger Muslimen tatkräftig ihre Unterstützung anbieten.


2012 griffen wir eine alte Gilchinger Tradition erneut auf und luden zur Vortrags- und Diskussionsreihe „Gilchinger Ökumenische Gespräche“ ein. Das erste Treffen fand am 17. Januar zum Thema „Taufe“ statt. Referenten waren Pfarrerin Dorothea Bezzel und Pfarrer Christoph Lintz, die sich umfassend überdie gemeinsamen und unterschiedlichen Auffassungen beider Kirchen mit den vielen Teilnehmern austauschten. Am 14. Februar ging es mit Pfarrerin z. A. Sarah Fischer-Röhrl und Pastoralreferentin Dr. Melanie Lüking um das Thema „Ehe“. Den Abschluss der diesjährigen Reihe bildeten Dekan i. R. Gerhard Althaus und Pastoralreferentin Dr. Melanie Lüking als Referenten am 13. März zum Thema „Beichte“.